„Afrikanische Elemente auf subtile Weise“

Von Redaktion · · 2012/12

Der aus Nigeria stammende Modedesigner Yemi Osunkoya hat zahlreiche internationale Preise für seine unvergleichlichen Kreationen gewonnen. Vor kurzem war er auf Einladung des VIDC in Wien. Südwind-Redakteurin Nora Holzmann hat mit ihm gesprochen.

Südwind-Magazin: Design aus Afrika erlebt derzeit einen Boom in der Modewelt. Afrikanische Modewochen etwa feiern in Europa und in Afrika große Erfolge. Was sind die Gründe dafür?
Yemi Osunkoya:
Designerinnen und Designer sind auf der Suche nach neuer Inspiration in der zusehends globalisierten Modewelt. Die Muster, die gewagten Farben aus Afrika sind beliebt. Doch was geschieht, ist paradox. Während immer mehr Stars, Modemagazine und Geschäfte auf der ganzen Welt afrikanische Muster und Stile begeistert annehmen, befindet sich die Textilindustrie Subsahara-Afrikas im Niedergang.

Warum hat die afrikanische Textilindustrie mit solchen Schwierigkeiten zu kämpfen?
Es ist eine Kombination aus vielen Faktoren. Früher gab es Zölle und Importverbote, dann wurde der Markt liberalisiert. Jetzt können viel mehr Textilprodukte von außerhalb in afrikanische Länder eingeführt werden. Dazu kommt, dass die Infrastruktur, etwa die Stromversorgung oder die Wartung der Geräte, zu wünschen übrig lässt. Es ist für Afrikas Textilindustrie schwer geworden, im internationalen Wettbewerb mitzuhalten. Die meisten Konsumentinnen und Konsumenten – egal wie sentimental sie sind – schauen auf den Preis. Sie nehmen eher das Massenprodukt aus dem Ausland, das billiger ist.

Kann die afrikanische Textilindustrie nicht Nutzen aus dem Trend zu afrikanischen Designs ziehen?
Ich glaube schon. Die Chance muss ergriffen werden. Denn Mode ändert sich, morgen könnte japanische Ästhetik „in“ sein. Solange afrikanische Mode noch so populär ist, sollte die afrikanische Textilindustrie versuchen, davon zu profitieren.

Sehen Sie als Modedesigner Möglichkeiten, hier positiv Einfluss zu nehmen?
Ich trage einen kleinen Teil bei. Ich habe eine Geschäftsbeziehung zu einer Weberin in Ghana aufgebaut. Sie kombiniert Muster von Kente-Stoffen aus Ghana mit Farben von Ashoke-Stoffen aus Nigeria, um einen so genannten Kente-Oke-Stoff zu kreieren. Diesen Stoff verwende ich ziemlich viel. Wenn mehrere Firmen solche Kooperationen aufbauen, wäre das ein Anfang. Aber meine Initiative ist wie ein Tropfen auf den heißen Stein. Auch die Regierungen in Afrika spielen eine Rolle. Sie könnten etwa Textilfirmen finanziell dabei unterstützen, sich bei internationalen Messen zu präsentieren.

Was hat Sie dazu bewogen, Modedesigner zu werden?
Mein Vater war Arzt, meine Mutter Hebamme. In meiner Kindheit haben Eltern wie die meinen ihre Kinder in Richtung Jus, Medizin oder Buchhaltung gelenkt. Aber ich hatte Glück. Ich hatte ein Talent, ich konnte zeichnen, und meine Eltern ermutigten mich. Als ich mich für eine Berufsausbildung entscheiden musste, sagte ich, ich möchte Designer werden. Der Bruder meines Vaters lebte in London, und ich ging dorthin um zu studieren. Als ich mit meiner Ausbildung fertig war, erlebte Großbritannien gerade eine Wirtschaftskrise. Nachdem ich ein Jahr lang erfolglos viele Bewerbungen geschrieben hatte, gründete ich 1991 mein eigenes Unternehmen. Zuerst nahm ich alle Aufträge an, aber später beschränkte ich mich auf das, was mir wirklich Spaß macht: Brautmode und Abendbekleidung für Damen.

Sie sind nach London gegangen und dort geblieben. Gibt es auch Modedesigner aus Afrika, die in ihren Heimatländern wohnen und dort erfolgreich sind?
Es gibt eine ganze Reihe, die tatsächlich in Afrika leben – Christie Brown in Ghana, Deola Sagoe in Nigeria, andere in Südafrika, Ägypten oder Angola, und sie haben Erfolg in ihren Ländern. Sie stehen immer wieder vor kleinen Herausforderungen, wenn zum Beispiel bestimmte Materialien im Land knapp sind. Aber dank Internet schaffen sie es, das Beste aus den Ressourcen, die sie haben, zu machen. Mir ist aufgefallen, dass die meisten Designer in der westlichen Welt – aus welchem Grund auch immer – Männer sind. Aber ich bemerke, dass in Afrika, besonders in Westafrika, vor allem Frauen als Designerinnen überzeugen.

Wie sieht das aus, wenn Sie Mode machen? Wie entsteht ein Kleid?
Mein besonderes Merkmal ist, dass ich die Gestalt eines Menschen durch meine Kleider verändern kann. Im Mittelpunkt steht die Betonung der Figur. Ich frage mich: Wie kann die Person vor mir am allerbesten aussehen? Zu Beginn mache ich 26 sehr genaue Abmessungen.
Mir ist sehr wichtig, dass, wenn ich afrikanische Einflüsse benutze, es nicht nach Verkleidung aussieht. Es soll ein Kleid sein, das eine weiße, indische oder chinesische Frau tragen würde, ohne zu denken, sie sehe aus als ginge sie auf einen Kostümball. Ich verwende afrikanische Elemente gerne auf subtile Weise.

Wenn ich in Österreich lebe und ein Kleid Ihres Labels Kosibah möchte, was muss ich tun?
Da müssen Sie leider zu mir nach London kommen oder mich nach Österreich holen. Bei meinen Kundinnen in Nigeria war das ein Problem. Es gibt dort Frauen, die sich meine Kleider leisten können – sie kosten zwischen 1.100 und 10.000 Euro. Aber ich muss die Kundin abmessen, danach noch mindestens zwei Mal sehen und ihr dann schließlich das Kleid übergeben. Das war für viele nicht machbar. Also reise ich regelmäßig nach Nigeria und treffe gleich mehrere Kundinnen auf einmal.

Für wen würden Sie gerne ein Kleid entwerfen, wer steht auf Ihrer Wunschliste?
Die Moderatorin Oprah Winfrey. Mit ihrer Figur könnte ich wundervolle Sachen machen. Dann noch Michelle Obama und die Schauspielerin Keira Knightley. Hoffentlich hören sie von meiner Wunschliste und melden sich bei mir.

Mehr Mode von Yemi Osunkoya auf: www.kosibah.co.uk

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